QUOTE(Jürgen79 @ 23. Juli 2008, 19:49)
Hallo
von einem Bekannten der bei ADAC arbeitet weiß ich das das Luftrettungsgeschäft ein generelles Minusgeschäft ist. Liegt wohl an den hohen Unterhaltskosten für so einen Heli.
gruß
Jürgen
... das ist richtig. Der Hauptgrund für das Defizit in der Primärrettung besteht allerdings nicht nur in den hohen Anschaffungs- und mehr noch, den enormen Unterhaltskosten für den Hubschrauber, sondern in den hohen Vorhalte- Betriebs- und Personalkosten für Hangar, medizinisches Gerät, medizinische Besatzung, Piloten usw..
Primär-Rettungseinsätze sind in der Regel Kurzstreckeneinsätze, bei denen relativ wenig abrechenbare Flugminuten anfallen. Obwohl die Einsatzfrequenz deutlich zugenommen hat, fallen so bei 4 bis 5 durchschnittlichen Einsätzen pro Tag vielleicht 1 - 2 Flugstunden an, die die hohen Kosten bei weitem nicht decken können.
Es gibt Tage, an denen durchaus viel geflogen wird, dafür andere, an denen überhaupt nichs los ist - sogar "Nulltage" - die Kosten laufen dennoch unerbittlich durch...!
Primärrettung ist daher systembedingt immer defizitär...!
Hinzu kommt, dass jeder Betreiber verpflichtet ist, bei technischem Maschinenausfall umgehend Ersatz zu stellen.
Dazu ist nur ein finanziell gut ausgestattetes Unternehmen in der Lage, das es sich leisten kann, entsprechend Reservemaschinen und auch Personal für den Krankheits- und Urlaubsfall vorzuhalten.
Etwas anders sieht es aus, wenn auf den Stationen eine Art "Mischbetrieb" stattfinden kann, d.h. die Quote der Sekundäreinsätze im Verhältnis zu den Primäreinsätzen entsprechend hoch ist, also Streckenflüge mit einem höheren Anteil an abrechenbaren Flugminuten anfallen.
"Streckenflüge", also meist Sekundäreinsätze (Verlegungsflüge) auf den Primärstationen (Rettungshubschrauber) werden in der Regel innerhalb des normalen Einsatzradius von ca. 70 Kilometern stattfinden, eher selten darüber hinaus, da die Maschinen möglichst schnell wieder für den Rettungsdienst in ihrem Einsatzbereich zur Verfügung stehen und längere Abwesenheiten vermieden werden sollen.
Die gewonnenen Flugzeiten sind somit ebenfalls eher bescheiden und ermöglichen noch lange nicht einen wirtschaftlichen Einsatz der Station.
Die Maschinen auf den drei 24-Stunden-Stationen (Sande bei Wilhemshaven, Münster und Senftenberg) des ADAC fliegen dagegen bundesweit und auch ins angrenzende Ausland.
Der Einsatz-Schwerpunkt der Maschinen in Münster und Senftenberg liegt auf den Sekundäreinsätzen (wobei diese Hubschrauber als Hintergrundbereitschaft durchaus auch Primär eingesetzt werden - wenn sie denn am Standort gerade frei sind, Christoph 26 in Sande ist generell beides; Primär- und Sekundärhubschrauber).
Hier rechnet sich der Betrieb für den Unternehmer schon eher, obwohl durch den 24-Stunden-Betrieb die dreifache Besatzungsanzahl mit entsprechend hohen Personalkosten notwendig ist.
Längere geplante Verlegungsflüge werden daher meist an diese Maschinen abgegeben - nächtliche Verlegungsflüge sowieso.
Es gibt einige private Firmen, die diese Ambulanzdienste erfolgreich durchführen, weil sie meistens mit zeitlichem Vorlauf nach Anmeldung anfallen, was es den einzelnen Betreibern durchaus erlaubt, bedarfsweise die medizinische Besatzung "zusammenzutrommeln" und die Maschine zwischenzeitlich mit der medizinischen Ausrüstung zu versehen.
Sie steht in der Regel nicht ständig und komplett ausgerüstet für Ambulanzflüge bereit.
Hohe Vorhaltekosten wie bei den Primärstationen fallen daher im Allgemeinen nicht an. Ersatzgestellung bei technischem Ausfall ebensowenig, da dann aufgrund der allgemein weniger hohen Dringlichkeit bei Verlegungsflügen der nächst erreichbare Hubschrauber den Auftrag übernehmen kann.
Ich denke, aus dem Dargestellten wird deutlich, warum sich das durchschnittliche Hubschrauberunternehmen nicht am öffentlich-rechtlichen Luftrettungsdienst beteiligen kann.
Beste Grüße
cakemixer